Bewertung von Grundvermögen für Zwecke der Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer

Ermittelt das Finanzamt nach Auffassung der Steuerpflichtigen zu hohe Werte, muss der Steuerpflichtige dies dem Finanzamt sachverständig widerlegen. Es genügt nicht, einfach darzulegen, dass die Immobilie sich tatsächlich in einem schlechten Zustand befindet. Ohne ein Sachverständigengutachten wird das Finanzamt auch keinerlei Aussetzung der Vollziehung zubilligen. Die Kosten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sind vom Steuerpflichtigen zu tragen, was der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung als verfassungsgemäß ansieht. Einzige praxisrelevante Ausnahme ist der zeitnahe Verkauf im gewöhnlichen Geschäftsverkehr. Hierzu müsste die Immobilie innerhalb von einem Kalenderjahr zu Bedingungen wie unter Dritten verkauft worden sein, und einen geringeren Erlös als den vom Finanzamt festgesetzten Wert erbracht haben.

In dem Verfahren BFH vom 17.11.2021 – II R 26/20 wandte das Finanzamt für die Bewertung des Gebäudes einfach das Sachwertverfahren an. Der tatsächlich äußerst schlechte Zustand des Gebäudes wurde hierbei seitens des Finanzamts nicht berücksichtigt. Die Steuerpflichtigen wehrten sich gegen diesen Wertansatz vor den Finanzgerichten.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs war aber im gerichtlichen Verfahren kein Beweis darüber zu erheben, dass der gemeine Wert der Immobilie aufgrund des schlechten Zustands niedriger ist, als der vom Finanzamt nach dem Sachwertverfahren ermittelte Wert. Wegen der Festlegungen im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht hätten die Steuerpflichtigen den behaupteten niedrigeren Wert selbst beweisen müssen. Hierzu hätten sie einen Sachverständigen damit beauftragen müssen, und die nach den üblichen Bewertungsverfahren (Ertrags-, Vergleichs- oder Sachwertverfahren) sich ergebenden Werte berechnen lassen müssen. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang insbesondere das Baujahr und die Größe der Immobilie sowie ggf. die Lage.

Der Sachverständige wird den Verkehrswert nach § 194 BauGB anhand den rechtlichen Gegebenheiten des Grundstücks, wie z.B. planungs- und baurechtlicher Besonderheiten, ermitteln. Er wird ferner die Lagemerkmale herausarbeiten, sowie z.B. einen von der Eigentümergemeinschaft bereits erkannten Instandhaltungsrückstau berücksichtigen. Ferner wird der Sachverständige den anteiligen Bodenwert anhand der Bodenrichtwertkarte zum steuerrechtlich relevanten Stichtag ermitteln.

Bei der Ermittlung des Ertragswerts wird er den nachhaltig erzielbaren Jahresrohertrag nach Maßgabe verschiedener gesetzlicher vorgesehener Kriterien ausrechnen, und in diesem Zusammenhang den baulichen Zustand berücksichtigen. Bei Wohnungen wird er in der Regel den Verkehrswert nach dem Bodenwert, dem Ertragswert der Wohnung und unter Berücksichtigung des baulichen Zustandes berechnen.

Fazit: Die Kosten eines Sachverständigen kann man sich an dieser Stelle nicht sparen! Gerne sind wir Ihnen auf der Suche nach einem Sachverständigen behilflich.

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