OLG Hamburg: Nutzungsentschädigung im Abgasskandal nur zeitlich begrenzt

Die Frage der Nutzungsentschädigung spielt im VW-Abgasskandal eine immer größere Rolle. Immer mehr Gerichte halten eine Nutzugsentschädigung für VW nicht für gerechtfertigt, da der Autobauer als Verursacher des Abgasskandals dadurch unbillig entlastet würde. Auch das OLG Hamburg hat in einem bemerkenswerten Hinweisbeschluss vom 13. Januar 2020 nun mitgeteilt, dass es eine Nutzungsentschädigung nur für einen begrenzten Zeitraum für angemessenen hält (Az.: 15 U 190/19).

Demnach hätte VW nur bis zur Rechtshängigkeit Anspruch auf einen Nutzungsersatz. „Von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrags verlangt hat, würde dieser Anspruch entfallen, da der Kläger das Fahrzeug dann nicht mehr vorbehaltlos genutzt hat“, so Rechtsanwalt Michael Staudenmayer aus Stuttgart. Eine Nutzungsentschädigung würde dann deutlich geringer ausfallen, und der Kläger würde unter dem Strich eine höhere Summe für sein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug erhalten.

„Dieser Aspekt ist auch für die Kläger wichtig, die sich dem Musterfeststellungsverfahren gegen VW angeschlossen haben. Hier muss der anspruchsberechtigte Verbraucher entscheiden, ob er das Angebot annehmen will.

Im Einzelfall lässt sich für den Verbraucher wahrscheinlich auch in dieser Phase mehr erreichen, z.B. wenn der BGH am 5. Mai 2020 entscheiden sollte, dass VW keinen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung hat“, so Rechtsanwalt Staudenmayer.

In dem Fall vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg ging es um einen vom Abgasskandal betroffenen Skoda Yeti mit dem Motor EA 189. Aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung hatte die Käuferin auf Schadensersatz geklagt. Das OLG teilte in seinem Hinweisbeschluss mit, dass es den Schadensersatzanspruch wahrscheinlich für gerechtfertigt hält. Zudem vertritt das Gericht zwar die Auffassung, dass VW im Falle einer Schadensersatzzahlung Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer habe. Allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung: das Oberlandesgericht tendiert dazu, dass sich die Klägerin einen Nutzungsersatz nur bis zu dem Zeitpunkt anrechnen lassen muss, zu dem sie die Rückabwicklung des Kaufvertrags gefordert hat. Eine weitergehende Anrechnung vom Zeitpunkt des Rückabwicklungsverlangens bis zur tatsächlichen Rückabwicklung könne eine unbillige Entlastung von VW darstellen, so das OLG Hamburg.

„Viele Verfahren im Abgasskandal ziehen sich in die Länge. Das spielt VW in die Karten. Denn mit jedem Kilometer mehr auf dem Tacho fällt die Nutzungsentschädigung zugunsten des Autoherstellers höher aus. Diese Rechnung geht nach dem Hinweisbeschluss des OLG Hamburg nicht mehr auf“, erklärt Rechtsanwalt Staudenmayer.

Es gibt auch Gerichte, die noch weitergehen, und VW eine Nutzungsentschädigung komplett absprechen. „Die Frage der Nutzungsentschädigung wird im Abgasskandal von den Gerichten unterschiedlich entschieden. Das OLG Hamburg hat die Position der Verbraucher mit seinem Hinweisbeschluss gestärkt. Das gilt nicht nur für Fahrzeuge mit dem Motor des Typs EA 189, sondern auch für die größeren von Rückrufen betroffenen Modelle mit dem 3-Liter-Dieselmotor“, sagt Rechtsanwalt Staudenmayer.

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